Wir kamen in Puerto Natales an und wussten eigentlich nur, dass wir hier ins neue Jahr 2020 rutschen und uns dann frisch gestärkt in den Nationalpark Torres del Paine aufmachen. Der eigentliche Grund meines Erachtens, warum man als Tourist überhaupt hierherkommt 😂.

Wir hatten für den Silvesterabend nichts geplant oder reserviert. Dementsprechend waren wir wenig überrascht, als alle Restaurants voll bis unters Dach besetzt waren. Wir beschlossen, ganz nach dem Motto: never change a running system - wieder in unser bekanntes Pub vom Vorabend zu gehen. Das Base Camp können wir nur wärmstens empfehlen. Es ist gemütlich, es gibt gutes 🍻, die beste Pizza in ganz Südamerika 😋 und super nettes Personal! Das Beste war, wir bekamen direkt einen Tisch und fanden heraus, dass Abends bzw. Nachts noch Live-Musik gespielt wird, und zwar etwas ganz traditionelles für die Region - Cumbia! Wir sind um kurz vor Mitternacht durch Puerto Natales gelaufen auf der Suche nach dem Ort des Geschehens aber so ruhige Gassen wie hier haben wir an Silvester noch nirgendwo anders gesehen 🤣. Am Hafen angekommen köpften wir unsern Sekt, der sich bei näherem Hinsehen als Cider oder Äbbelwoi entpuppte. Wir mussten feststellen, dass außer ein paar feiernden deutschen Touristen mit Sternenspritzern und ein paar Einheimischen, nur die Fähren um Mitternacht hupten und ein paar Leuchtraketen starteten. Das war's! Kein Hype, keine sich um den Hals fallenden Menschen und schon gar kein Feuerwerk! Das war mal ein Silvester der anderen Art. Aber das wichtigste hatten wir zwei ja jeweils dabei 😉! Das mit dem fehlenden Feuerwerk finden wir übrigens super da kann sich Deutschland, was den Klimaschutz angeht, mal eine Scheibe abschneiden… auch, wenn es gewöhnungsbedürftig ist.

Nach dieser berauschenden Silvesternacht machten wir uns mit Wendy auf in den Nationalpark, der als das Highlight in ganz Patagonien gilt! Die Erwartungen waren groß und wir waren uns nach so viel Schönheit, die wir schon erblicken, durften nicht sicher, ob das stimmt. Wir machten zunächst einen Stopp am Lago Torro und machten von hier aus eine Wanderung zum Mirador de Los Azules. Zunächst nieselte es, was wir von Patagonien ja schon gewohnt waren. Am Aussichtspunkt angekommen überwältigte uns der Blick über die grünen Wälder und die drei Seen mit den unterschiedlichsten Blautönen, die in der Sonne, die sich zeigte, um die Wette strahlten. Es war gigantisch und der Wind peitschte in unser Gesicht. Ich muss gestehen, dass ich in dem Moment ein paar Tränchen in den Augen hatte… vom Wind?! Man weiß es nicht 😉. Der erste Blick auf dieses wunderschöne Fleckchen Erde haut einem einfach um. Nach einer kurzen Weiterfahrt kamen wir dann am Aussichtspunkt an, von wo wir dann den Blick auf die berühmte und bekannte Bergkette des Torres del Paine Nationalparks genießen konnten. Wir schauten uns an und waren uns sicher, dass er seinen Rang mehr als verdient hatte. Mit diesem Ausblick schmeckte das Abendessen umso besser. Ein hoch auf das Camperleben 🎉😀!!!

Wir beschlossen erst am Abend so gegen 21 Uhr über die Kontrollstation zu fahren, weil wir von anderen Reisenden den Tipp bekamen, dass um die Zeit die Eintrittskontrolle nicht mehr ganz so streng durchgeführt wird. Wir mussten in den kommenden Tagen nie ein Ticket zeigen und benötigten es auch nicht für die Ausfahrt. In den Nationalpark-Himmel kommen wir wohl nicht mehr 🙄

Im Park selbst erwartete uns eine große Auswahl an tollen und abwechslungsreichen Wanderungen, aller Schwierigkeitsgrade und eine atemberaubende und einmalige Flora und Fauna. Bevor ich etwas über unsere Touren schreibe, möchte ich noch kurz etwas zu dem Camperleben im Nationalpark berichten. Es ist super einfach und stressfrei auch in der Hochsaison zu campen. An den Informationsstellen hat man die Möglichkeit auf dem Parkplatz zu stehen und das Bad zu benutzen. Duschen waren an den Campingplätzen zu bekommen. Was die Verpflegung betrifft, stattet man sich vorher am besten gut aus, besonders für speziellere Sachen. Es gibt zwar auch das ein oder andere Restaurant mit einem Minimarkt aber die Auswahl hält sich in Grenzen und ist natürlich teurer als im Supermarkt in Puerto Natales. Insgesamt waren wir aber sehr überrascht, wie gut der Park vernetzt und ausgebaut ist.

Unsere erste Wanderung führte uns zu einem Aussichtspunkt, hoch hinauf mit Blick auf den Grey Gletscher. Insgesamt ging die Tour nur vier Stunden mit allerdings schlappen 600 Höhenmetern, die wir in den ersten beiden Stunden hoch mussten und danach natürlich wieder herunter😅. Also eine gute Vorbereitung für die Ganztagestour zum Mirador Base de las Torres. Ja es war so anstrengend wie es klingt aber wir wurden mit Hammer Ausblicke auf den Gletscher, den See mit den treibenden türkisfarbenen Eis-Brocken und sogar mit Strandabschnitte belohnt. Unwirklich schön! Oben hieß es dann wieder alles festhalten und gut einpacken, denn der patagonische Wind ist tückisch und unberechenbar.

Wir erlebten an unserem Schlafplatz, direkt in einer Bucht am Abend, einer der schönsten Sonnenuntergänge unserer Reise. Da lassen wir einfach mal Bilder sprechen an dieser Stelle sonst kann man es sich nicht vorstellen. Wer denkt, besser geht es nicht, hat weit gefehlt. Denn wir bekamen eine einmalige Chance und sichteten für ein paar Sekunden einen Puma, der ganz entspannt die Straße neben unserem Camper entlang spazierte… ein magischer Moment und uns stockte der Atem. Die großen Tiere haben hier im Nationalpark vor nichts Angst und fühlen sich sicher. So ein Puma bekommt man wirklich selten zu Gesicht und wir waren uns bewusst, welch großes Glück wir in dem Moment hatten.

Am nächsten Tag war das Wetter bedeckt und regnerisch gemeldet und so war es auch. Aber ideal um eine kürzere Tour zu dem Salto Grande zu machen. Ein wunderschöner Wasserfall, der unsere volle Aufmerksamkeit verdient hatte und sie auch bekam. Denn die dichte Wolkendecke und der graue Himmel ließen Blicke auf die imposanten Berge an diesem Tag nicht zu. Aber das hatte genau gepasst.

Dann stand unsere große Wanderung vor der Tür. Das schöne ist, dass man alle Highlights des berühmten W-Trecks, auch mit Tagestouren sehen kann. Da wir nicht ein halbes Jahr im Voraus buchen wollten bzw. konnten, war das eine sehr gute Alternative, die auch kurzfristig ganz ohne Stress und Reservierung möglich war. Wir standen um 5 Uhr auf und hörten bis kurz vorher Regentropfen auf unser Dach prasseln. Aber wir Glückspilze konnten unsere Tour im trockenen starten, die Kälte an dem Morgen hat allerdings auch ohne Regen gereicht 🥶. In der Nacht gab es oberhalb unserer Wanderung statt Regen Neuschnee was den imposanten Bergen auch noch eine Puderzuckerhaube aufsetzte. Zunächst ging es im ersten Sonnenlicht entlang an Wiesen und Koppeln mit Morgentau. Uns begrüßten ein paar Hasen, die ihren Tag in der Sonne starteten und die Wärme genossen. Ein bisschen wie wir 😉. Dann ging es auch schon ziemlich bald bergauf in das Tal welches bis zu unserem Tagesziel führen sollte. Erster Höhepunkt am Paso del Viento, was wir auch direkt gemerkt haben 😅. Wir kamen noch an einem Campingplatz vorbei, der für die Mehrtageswanderer gedacht ist und der ganz luxuriös mit einer Toilette ausgestattet war.

Weiter ging es mit dem bekannten Inca-Flat (Übersetzung ins Pfälzische: flach bis nuff), das heißt immer Mal wieder hoch und runter im Wechsel bis wir dann an einer weiterer Ranger Station ankamen. Der letzte Punkt, bevor es noch eine Dreiviertelstunde hochging, zum Mirador Base de las Torres. Insgesamt dauerte die Wanderung 8 Stunden und hatte 750 Höhenmeter. Also man war gut den ganzen Tag beschäftigt. Ein weiterer Tipp, den wir uns zum Glück zu Herzen nahmen, war früh zu starten bevor die Busse aus Puerto Natales mit den ganzen Wanderern der Tagestouren ankamen. Also am besten ist man noch am Vormittag am Aussichtspunkt und kann den Blick noch mit ein paar wenig anderen Frühaufstehern genießen. Es lohnte sich! Das letzte Stück hatte es noch einmal in sich durch die Felsen und das Geröll auf dem Pfad und einen Bachlauf, den man beim Anstieg eigentlich immer mit dabei hatte und zum Teil durch musste. Das letzte Stück führte über immer größere Felsbrocken bis zur Laguna, wo nun das erste Mal die drei Spitzen in ihrer vollen Größe sichtbar wurden.

Es blieb spannend bis zum Schluss und dann lag sie vor uns: Eine mindgrüne, milchige Lagune mit den mächtigen drei Wächtern im Hintergrund die mürrisch auf uns herab blickten. Der kalte Wind und ein paar Schneeflocken peitschten uns ins Gesicht aber das war in diesem Moment egal. Die Szenerie wurde durch ein paar kreisende Kondore perfekt und wir genossen unser wohlverdientes Pausenbrot und vor allem den warmen Tee 🤗! Beim Abstieg kamen uns regelrechte Massen entgegen und fragten uns wie weit es denn noch sei oder waren schon sehr erschöpft und hatten nur noch wenig Grund zur Freude, da die Wolken um die drei Torres immer dichter wurden. Es war wirklich wahr, dass die meisten den Mirador um 12/13 Uhr erreichten und wir verließen zum Glück vorher das "sinkende Schiff" 😉. Ich muss sagen, dass der Ort mit den ganzen Menschen sicher an Magie verloren hätte. Alles in allem eine Tour die sich wirklich sehr lohnt aber eine gute Portion Kondition und Ausdauer nötig ist.

Der Nationalpark Torres del Paine war für uns ein weiteres Naturwunder und machte das Ende unseres Roadtrips durch Patagonien perfekt!